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    • CommentAuthorDVL Admin CommentAuthorRole Admin
    • CommentTime26. Nov 2019 bearbeitet
     

    Tagen beim Baumeister

    Die Jahrestagung des Dachverband Lehm fand in diesem Jahr weit im Westen im Dreiländereck Deutschland-Belgien-Niederlande statt. Neben der offiziellen Versammlung war es ein Ausflug in das ökologische Bauen auf der Höhe der Zeit. Schon der Tagungsort selbst kann als gebautes Selbstverständnis eines DVL gelten: Am Freitagabend wurden wir im Weijerweg in Vaals begrüßt. Das Gebäude Frankenhofmolen wurde zunächst als Weberei gebaut. Die Webstühle wurden mit Wasserkraft betrieben. Das nötige Wasser aus einem Bach wurde in zwei nahegelegenen Rückhaltebecken angestaut. In späteren Jahren war diese Einrichtung noch als Mühle im Betrieb, daher wohl auch der Name, bevor sie vorübergehend als Bauernhof genutzt wurde und schließlich weitgehend verfiel. Unsere charmanten Gastgeber Vorort Emmanuel Laugs und Nina Grunenberg durften das Ambiente mit ihrem Team von ecoplus vor einigen Jahren für den niederländischen Landschaftsverband aufwändig sanieren. Der Autor hatte das Vergnügen, vor Beginn der Veranstaltung einen ausführlichen Rundgang mit Emmanuel durch sein Werk zu machen. Das U-förmige Gebäude glänzt durch viele Details, die seine Geschichte erlebbar machen. Saniert wurde es zu einer Tagungs- und Begegnungsstätte mit zwei Gästetrakten und vielfältigen Tagungsmöglichkeiten.

    Zufahrt zum Gebäudeensemble der Frankenhofmühle (Foto: M. Willhardt)

    Der Schwerpunkt dieser in jeder Hinsicht denkmalgerechten und ökologischen Sanierung ist eine wunderbar bescheiden und ruhig wirkende Einrichtung, von Lage und Anmutung durchaus einem Kloster vergleichbar, mit kleinen Schlafräumen, die alle einen schönen Blick in den Garten haben. Haben die Zimmer ein Bad, so ist dieses offen und ohne Tür zum Raum. WC und weitere Sanitäre Einrichtungen gibt es auf den Etagen. Eine solche Sanierung zur Schlichtheit auf höchstem Niveau hat natürlich ihren Preis, den es offensichtlich zu investieren wert ist: Die Begegnungsstätte ist praktisch das ganze Jahr ausgebucht. Diese Nachfrage bestätigt die These des Baumeisters Laugs, dass es ein Bedürfnis nach Schlichtheit gibt. Natürlich ist diese Schlichtheit in trefflicher Weise mit der im Dreiländereck üblichen Gemütlichkeit gepaart. Auch die technische Ausstattung in der gemeinsamen Küche lässt keine Wünsche offen. In diesem Ambiente fühlt man sich auf Anhieb wohl. Die meisten der Tagungsteilnehmer konnten im Haus untergebracht werden.

    Innenhof der Frankenhofmühle mit Teilnehmern der Mitgliederversammlung (Foto: M. Willhardt)

    Es versteht sich von selbst, der im DVL-Programm bescheiden annoncierte “kleine Umtrunk mit Imbiss zur Begrüßung” war ein gelungenes Mahl, dass wir mit Vergnügen mit dem Sekt aus der benachbarten Sektkellerei (die wir noch besichtigen sollten) und mit niederländischem Bier ausklingen ließen.

    Der Ort der Tagung war nicht allein deshalb perfekt gewählt, weil die Mitglieder des Dachverband Lehm in einem Ambiente tagen konnten, dass ihrer Handwerkskunst und ihrer Produkte sehr würdig ist. Auch durch die Unterbringung Vorort und durch das selbst organisierte Frühstück am nächsten und übernächsten Morgen bot sich viel Gelegenheit zum persönlichen Gespräch. Wie in jedem Jahr hat der Geschäftsführer des DVL Stephan Jörchel eine perfekte Gesamtorganisation abgeliefert. Das sorgte traditionell nicht nur für ein hervorragendes Programm sondern auch für einen reibungslosen Ablauf. Stephan überlässt auch ein selbst organisiertes Frühstück nicht dem Zufall.

    Samstag, 26. Oktober – Mitgliederversammlung

    Neben dem perfekten Ambiente und der ebenso perfekten Organisation war auch der Wettergott auf unserer Seite. Vor Beginn der Tagung und in den Pausen konnten wir den Kaffee und den Mittagstisch in der warmen Oktobersonne im Hof einnehmen, der von den drei Gebäudeteilen und einer Mauer gebildet wird.

    Die Jahrestagung selbst verlief sehr harmonisch und außerordentlich konstruktiv. Zur Gelassenheit hat sicher das wunderbare Ambiente beigetragen aber auch der Bericht über ein erfolgreiches Geschäftsjahr des Dachverband Lehm, anregend vorgetragen durch die stets bestens vorbereitete 1. Vorsitzende Dr. Constanze Küsel. Die Aktivitäten des Verbandes im vergangenen Jahr werden im Nachgang wie gehabt als Geschäftsbericht des DVL unter Aktivitäten auf der Webseite des Verbandes erscheinen. Der anschließend durch Geschäftsführer Stephan Jörchel transparent vorgestellte Finanzbericht war über jeden Zweifel erhaben. Entsprechend wurde der Vorstand einstimmig entlastet.

    Angeregte Diskussion in der Mitgliederversammlung (Foto: M. Willhardt)

    Im Rahmen der Tagung war genügend Zeit für den Austausch unter den Mitgliedenden eingeräumt. Dass der Dachverband Lehm in den kommenden Jahren eine noch wichtigere Rolle spielen wird als bislang liegt auf der Hand. Die ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtung von Baustoffen von der Herstellung bis zur Entsorgung eines Produktes wird eine immer größere Bedeutung bekommen. Hier ist der Baustoff Lehm bestens aufgestellt. Kein Baustoff kann eine bessere Bilanz bieten. Der Dachverband hat mit der Erstellung von Umweltproduktdeklarationen (UPD) für Lehmputze seine Hausaufgaben gemacht, um zu den konventionellen Baustoffen aufzuschließen. Die UPD-Bewertungen für die Recyclingfähigkeit werden nun für alle Bauprodukte verbindlich. Viele weit größere Verbände der Bauindustrie hinken bei diesem Thema der Zeit hinterher, vermutlich aus gutem Grund. Breit diskutiert wurde dann der Fakt, dass der Lehmbau in der handwerklichen und akademischen Ausbildung zu den Bauberufen keine angemessene Rolle spielt. Es ist an der Zeit, dies zu ändern und die Teilnehmer machten dazu viele gute Vorschläge. Im Netzwerk gibt es mannigfaltige Adressen, wo sich der Dachverband und seine Mitglieder in der Sache einbringen können. Besonders in solchen Feldern zeigt sich die Bedeutung eines Dachverbandes. Nur eine solche Institution kann die übergeordneten Interessen einer Branche angemessen vertreten.

    Lecker Kuchen aus der Region zur Stärkung zwischendurch (Foto: S. Jörchel)

    Diese Bedeutung soll in Zukunft noch deutlicher herausgearbeitet werden. Dazu wird regelmäßig über die Aktivitäten des DVL berichtet, mit den Zielgruppen Mitglieder, interessierte Öffentlichkeit und Medien. Kurze Berichte (etwa über die Jahrestagung), über neue DIN-Normen und die Arbeit des DVL oder auch über Fälle von unlauterem Wettbewerb werden drei oder vier Mal im Jahr erscheinen, so ist der Plan. Das in einer angeregten Diskussion entstandene Meinungsbild plädierte für die Herausgabe von DVL-Informationen (Arbeitstitel), die ein breiteres Spektrum zulassen als etwa Pressemitteilungen.

    Auch in Holland und Belgien Dachverbände gründen

    Dem Austragungsort der Tagung angemessen war der abschließende offizielle Tagungspunkt ein Dreiländer-Lehmbau-Meeting mit regionalen Vertretern des Lehmbaus aus den Niederlanden und aus Belgien. Die Referenten stellten die Situation in ihren Ländern vor. Angeregt wurde, auch in Belgien und in den Niederlanden einen entsprechenden Dachverband Lehm zu gründen um die Verbands-Vernetzung des ökologischen Bauens in Europa zu verbessern.

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    • CommentTime26. Nov 2019 bearbeitet
     

    Nach getaner Arbeit

    Weingut Domain Holset mit hochwertigen Sanierungsbeispielen (Foto: S. Jörchel)

    Nach Schlusswort und Ausblick der Vorstehenden erwartete die Teilnehmer eine weitere beeindruckende Lokalität des zeitgenössischen ökologischen Bauens ganz in er Nähe des Tagungsortes. Das ebenfalls von Emmanuel Laugs und Team konzipierte und realisierte Weingut Domein (das den am Abend zuvor genossenen Sekt geliefert hatte) zeigt Lehmbau und Lehmterrazzoausführungen in einer Weise, die jedem Vergleich im zeitgenössischen repräsentativen Bauen standhält. An der hohen Qualität von Ausführung, Ausstattung und Standard lässt sich ablesen, dass diese Gegend seit Jahrzehnten insbesondere vom Tourismus profitiert, der hier ein entsprechend hohes Anspruchsniveau hat. Das wird in diesem Ambiente mit den angeschlossenen Gästewohnungen bestens bedient. Dass der Abend in einer Region kultivierter Gaumenfreuden auf höchstem Niveau ausklingen sollte, das versteht sich von selbst.

    Blick vom Weingut ins Dreiländereck (Foto: S. Jörchel)

    Bauausstellung moderner Lehmbau

    Traditionell endet die Jahrestagung am dritten Tag, dem Sonntag, mit der Möglichkeit zur Teilnahme an einer Exkursion. Das Motto in diesem Jahr kann man als Bauaustellung moderner Lehmbau sehen. Unsere Dachverbandsmitglieder und Gastgeber in Holland und Belgien Emmanuel Laugs und Nina Grunenberg haben ihr Büro in Belgien und sie vermieten dort ebenfalls sehr einladende Ferienappartments.

    Herzlicher Empfang beim Ausgangspunkt unserer Exkursion, dem Büro von Ekoplus. (Foto: S. Jörchel)

    Das liebevoll sanierte Gebäudeensemble von außen (Foto: S. Jörchel)

    Unser Treffpunkt am Sonntagmorgen war ein Ausflug zu den Wurzeln des Baumeisters Emmanuel und seines Bruders, die vor etwa zwei Jahrzehnten auf dem Familienbesitz ihre Häuser und die Ferienwohnungen gebaut haben, ein verschachteltes und doch klares und größzügiges Fachwerkambiente. Dieses mutet historisch an, ist jedoch geprägt von modernen Grundrissen. Bestehende Gebäude wurden dazu abgetragen und dann neu assembliert. So findet sich ein Atrium, um das herum auf zwei Etagen die Einheiten gruppiert sind. Hier finden sich kaum zählbare schöne Details und Gebäude wie im auch der angrenzende Garten bieten viele lauschige Plätze voller Gemütlichkeit. Es ist ein gebauter Beweis für die Aktualität und die Lebensdauer von Fachwerk. Neben der herzlichen Bewirtung durch die Familie fanden wir kaum Zeit, den Ort hinreichend zu würdigen, weil uns um 13:00 ein Mittagsimbiss in der Gulpener Bierbrauerei erwartete.

    Strohballenhaus mit vielen geschwungenen Elementen (Foto: S. Jörchel)

    Die eindrucksvolle Tagung fand ihren Ausklang mit zwei weiteren Lehmbauvariationen. Zunächst fand der Besuch bei einer Familie statt, die ihrem Strohballenbau mit viel Eigenleistung realisiert. Abschließend führte uns die Tour in eine moderne, neu gebaute Villa. Hier lässt sich in überzeugender Weise ablesen, dass Lehm, Kalk und Co auf jedem Niveau mithalten und dabei noch mehr als die Wettbewerbsbaustoffe können: Gutes Klima und wahrhaftige Nachhaltigkeit sind inklusive.

    Stilvolle Lehmoberflächen in der modernen Villa (Fotos: S. Jörchel)

    Auf unserer Tour haben wir unbemerkt viele Mal die Grenze zwischen Belgien und den Niederlanden passiert und es ist zu hoffen, dass dieser Fortschritt in Europa nicht wieder Einschränkungen erfährt. Verabschiedet haben wir uns in Belgien bei einem Kaffee zu Hause von unseren Gastgebern Nina und Emmanuel.

    Vielen Dank an alle, die an dieser rundum gelungenen Tagung mitgewirkt haben.

    Text: M. Willhardt

 

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